Dr.med. Franz Berger, MJ 1971, erhielt für sein außergewöhnliches Forscherleben vom Land OÖ den Titel eines Konsulenten für Wissenschaften.
Bereits als Schüler im Petrinum fand Franz auf Grund seiner hohen Begabung genügend Zeit, sein Augenmerk nicht nur den Büchern und der Erledigung von Hausaufgaben, sondern auch der Naturbeobachtung zu widmen. Unser Biologielehrer Professor Karl Rohregger förderte dieses Interesse und eröffnete ihm den Zugang zur breiten Palette der Naturwissenschaften, darunter auch zur bunten und komplexen Welt der Flechten. Laien mag dieses Forschungsgebiet auf den ersten Blick seltsam erscheinen, Naturwissenschaftler erkannten jedoch längst die Bedeutung der Flechten u.a. als Indikatoren für den Zustand der Umwelt. Hochqualifizierte Spezialisten versuchen die biochemischen Prozesse, durch welche Flechten mit ihrer Umwelt in Beziehung stehen und Informationen austauschen, immer besser zu verstehen und verwenden viel Mühe darauf, dieses noch weitgehend offene Feld der Biologie zu erforschen.
Der erste Grund, sich mit der Natur zu beschäftigen war für Franz nie die Frage nach der Verwertbarkeit des erworbenen Wissens, sondern die Theorie , d.h. das staunende Schauen, die Ästhetik in der Natur und die daraus resultierende Achtung und Ehrfurcht vor den unglaublich komplexen Mechanismen in der belebten und unbelebten Schöpfung. Wesentliche Grundlagen für sein Forscherleben erwarb er sich auch durch das Studium der Medizin, welches er „sub auspiciis praesidentis rei publicae“ abschloss. Nach der Turnusausbildung übte er in Kopfing 33 Jahre mit großem Engagement und Idealismus den Beruf eines Landarztes aus. Seine exzellente Begabung, vor allem sein ausgeprägter analytischer Verstand, den er in der Kunst der Pflanzenbestimmung und der Untersuchung der Patienten mit größter Sorgfalt einsetzte, verlieh ihm den Ruf eines ausgezeichneten Diagnostikers.
Bereits 1991 begann er mit wissenschaftlichen Publikationen zur Flechtenflora. Rasch erwarb er sich, zunächst von seiner engeren Heimat Oberösterreich ausgehend, mit floristischen und taxonomischen Untersuchungen (z.B. Klassifizierungen, Neuentdeckungen und deren Beschreibung) einen internationalen Ruf als Wissenschaftler. Er ist Mitglied in angesehenen lichenologischen Gesellschaften und publizierte bisher an die 60 Aufsätze in renommierten Zeitschriften. Konsequent und mit klugem Engagement setzt er sich für die Bewahrung von Habitaten ein, gibt gern sein Wissen weiter und erforscht Aspekte der komplexen, vielfach noch unbekannten Interaktivitäten zwischen verschiedenen Flechten, Pilzen und vaskulären Pflanzen. Achtung und Bewahrung der Schöpfung und im Speziellen des biologischen Potentials „seiner“ Flechten, das für manche Medikamente, ja für unser Überleben von Bedeutung sein könnte, sind wichtige Triebfedern für sein Forscherleben.
Lieber Franz, wir freuen uns mit dir über die Wertschätzung, die du durch diese Auszeichnung auch von politischer Seite erfahren durftest und wünschen dir, dass du noch viele Jahre solchen Fragestellungen nachgehen, die Großartigkeit der Natur mit allen Sinnen wahrnehmen und deine couragierte Stimme erheben kannst.
Heribert Derndorfer, MJ 1971
Artikel aus der PetrA-Ausgabe April 2019