Wozu ist die Kirche gut? So wird heute vielfach gefragt. Das fragen sich Menschen, die über einen Austritt nachdenken, und das beschäftigt in anderer Weise auch die kirchlich Engagierten.
Spontan ist man versucht, zur Verhinderung von Austritten allerlei Gründe anzuführen: gelungene Tauffeiern und würdige Begräbnisse, ein gutes seelsorgliches Gespräch, die Trägerschaft von Bildungs- und Beratungseinrichtungen, das Einbringen von ethischen Standards in den gesellschaftlichen Diskurs. Das alles stimmt ja auch, und viele geben sich dafür redlich Mühe. Schön, wenn es gesehen und gewürdigt wird.
Demnach kann das als Antwort auf die Frage nach der Bestimmung der Kirche nicht genügen. Zutiefst deswegen, weil die Kirche kein Selbstzweck ist. Von Bischof Gaillot stammt der Buchtitel: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts“.
Letztlich geht es immer um Gott, wie wir ihn in Jesus Christus kennengelernt haben. Und es geht um das Heil der Menschen, und zwar aller – oder wenigstens möglichst vieler; nicht nur in einem engen Kreis von Auserwählten. Es ist Aufgabe der Kirche, das Evangelium in der Welt präsent zu halten. Seit Johannes XXIII. und dem 2. Vatikanischen Konzil sind als Maßstäbe das Eintreten für die Würde des Menschen, für Frieden und Gerechtigkeit ausdrücklich festgehalten.
Für ChristInnen ist die entscheidende Frage nicht: Was habe ich von der Kirche?
Sondern vielmehr: Was will Gott von mir in dieser Welt?
Paul M. Zulehner spricht einmal von einer Kirchenberufung. Und er stellt sich vor, wie Gott am Ende unseres Lebens fragt: Was hast Du aus deiner Kirchenberufung gemacht? – Und er lässt einen stottern: ich wollte ja, aber der Papst, der Bischof….
Und Zulehner fährt fort: Gott wird erregt sein und sagen: „Die kommen auch noch dran; aber jetzt frage ich Dich“.
Ich bitte sehr, das jetzt nicht als billige Ausrede eines Menschen zu verstehen, der auch ein Amt in der Kirche übertragen bekommen hat. Eher werden da glühende Kohlen auf meinem Haupt gesammelt.
Noch einmal zum 2. Vatikan. Konzil: Die Bischöfe äußerten sich oft selbstkritisch und bescheiden; dass sie auch persönlich der Erneuerung bedürften; dass sie selber auch noch weit entfernt davon seien, nach dem Beispiel des Meisters zu dienen – um nur zwei Gedanken aus ihrer Botschaft am Anfang des Konzils herauszugreifen.
Wenn wir in der Kirche heute vielfach gedemütigt sind, dann hilft uns das hoffentlich wieder zu solcher Haltung von Demut.
Und ich sehe keinen Grund zur Verzweiflung. Wir haben die Zusage, dass ER uns nicht allein lässt. Und selber darf ich dankbar auf Viele und Vieles blicken, was mir immer wieder Kraft gibt: die vielen engagierten Christinnen und Christen in Pfarren und anderen pastoralen Orten; die Jugendarbeit, die Bildungsorte und Bildungswerke; die Telefonseelsorge, die Ehevorbereitung oder die Kath. Aktion mit ihren Gliederungen.
So viele setzen sich ein. Und so gebe ich auch mein Bestes, unter erfreulichen und auch unter widrigen Umständen.
Zum Schluss eine Erinnerung – es war vor ca. 30 Jahren:
Ein junger Mann, aus der Kirche ausgetreten, war schwer krank.. Ich besuchte ihn. Er war einer der frühen Zivildiener gewesen, beseelt von Gewaltlosigkeit. Wir kamen auf das Los von Bischof Romero zu sprechen. Der hat ihn begeistert.
Und er sagte zu mir:
„So eine Galionsfigur! Da möchte ich auch dazugehören“.