Vielleicht ist es ja ein geschichtlicher Zufall, dass ich 1989 als Altpetriner (MJ 1980) beruflich in der Frühzeit der SCHULDnerberatung gelandet bin. Und mag sein, dass gerade die „Leidenswege der Ökonomie“ diesen Artikel, den Sie gerade lesen, verursacht haben. Jedenfalls hat PetrA im März 2016 einen Vortrag von Prof. Nussbaumer im Petrinum organisiert. Dort hat Nussbaumer sein neuestes Buch „Leidenswege der Ökonomie“ verkauft und PetrA den Erlös mit der Auflage, diesen einem sozialen Projekt zukommen zu lassen, zur Verfügung gestellt. PetrA hat den Betrag verdoppelt und diese erkleckliche Summe der Schuldnerberatung OÖ überwiesen (danke, Bert!) – eine sehr gute Entscheidung, finde ich (okay, als Geschäftsführer der SBOÖ bin ich jetzt wohl befangen).
Im Vorwort dieses Buches finden wir ein Zitat von Papst Franziskus:„Ebenso wie das Gebot ‚du sollst nicht töten‘ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein ‚Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen‘ sagen. Diese Wirtschaft tötet. Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht. …“. Und nach bald 30 Jahren in der Schuldnerberatung wage ich zu ergänzen: Private Schulden und Überschuldung mit all deren teils katastrophalen Auswirkungen sind offenbar unvermeidlicher Teil „dieser Wirtschaft“ (heute schon aufmerksam eine Zeitung gelesen oder etwa „Petruswerk“ gegoogelt?)
Der Begriff Schulden ist in allen indogermanischen Sprachen ein Synonym für „Sünde und Schuld“. Da gibt es Gläubiger und einen Kredit und in der Kirche beten wir das Credo. Im Vater-Unser wird um Vergebung der Schulden gebetet. Schulden sind im Kern ein ethisch-moralisches Prinzip. Warum kann man Schulden mit einer sozialen Härte und Unnachgiebigkeit eintreiben, dass dadurch andere Menschen in Not und Elend stürzen? Schulden scheinen rechtlich und moralisch ein Verhalten zu rechtfertigen, das ansonsten nicht legitimiert wäre, und sogar moralisch zu „neutralisieren“.(Franz Segbers; Text vom theologischen Stammtisch in Linz am 11. Mai 2012).
1989, nach Petrinum-Matura, Jus-Studium und Gerichtspraxis bin ich also in der Schuldnerberatung gelandet. Als erster hauptberuflicher Schuldnerberater in Tirol, ohne spezielle Berufsausbildung und Infrastruktur. Der Job war nicht ausgeschrieben, ja noch nicht einmal finanziert. Gute Freunde gaben mir den Tipp, dass das was werden könnte. Die Aufgabe hat mich fasziniert und so bin ich heute noch dabei. Jetzt als Geschäftsführer der Schuldnerberatung OÖ mit 40 hauptberuflichen MitarbeiterInnen, als FH-Lektor, Buchautor… Besonders stolz bin ich auf KLARTEXT – unsere Präventionseinrichtung (damit nicht jeder jeden Fehler machen muss, weil er es nicht besser wusste).
Schulden aussitzen?
Augen zu, Kopf in den Sand, mit dem Kopf durch die Wand? Sichere Methoden für lebenslange Schuldenprobleme gibt es viele, wir haben bessere Ideen! Bei uns finden Ratsuchende kostenlose, professionelle Beratung. Wir arbeiten im Auftrag des Landes OÖ, als staatlich anerkannte Schuldnerberatung sind wir hohen Qualitätsansprüchen verpflichtet. Unsere Beratung ist streng vertraulich und diskret. In ganz Österreich haben sich 2015 ca 60.000 Menschen mindestens einmal an eine Schuldenberatung gewandt, um Unterstützung zu erhalten. Okay, aus Schulden müssen nicht notwendigerweise Schuldenprobleme werden. Bei entsprechender Finanzplanung können Schulden für alle Beteiligten wirtschaftlich Sinn machen. Vor allem bei großen Investitionen wie zum Beispiel Wohnraumbeschaffung lassen sich Schulden kaum vermeiden. Probleme können entstehen, wenn die Finanzplanung schlecht durchdacht ist oder unvorhergesehene Ereignisse wie Arbeitsplatzverlust, Krankheit oder Scheidung, Einkommenseinbußen bzw. zusätzliche Ausgaben die finanzielle Situation verschlechtern.
So können aus Schulden Schuldenprobleme und daraus Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit werden. Zahlungsunfähigkeit ist die Unmöglichkeit, die fälligen Schulden auch unter Verwertung des vorhandenen Vermögens binnen einer angemessenen Frist zurückzahlen zu können.
Was ist Schuldnerberatung?
Wir bieten verschuldeten Privatpersonen kostenlose Hilfe zur Selbsthilfe an, um die Ver- bzw. Überschuldung zu beseitigen oder zu verringern. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Sozialressorts des Landes OÖ. Schuldenberatung ist Teil einer umfassenden Lebensberatung, daher auch Beratung in sozialen Angelegenheiten und damit persönliche Hilfe. Wir sehen unsere KlientInnen in ihrem sozialen Umfeld und beraten sie unter diesem ganzheitlichen Bild. Die Beratung erfolgt auf den Grundlagen der Freiwilligkeit und der Eigenverantwortlichkeit. Seit Ende der 1980er Jahre haben sich die Schuldenberatungen österreichweit organisiert. Seit 1995, mit dem Inkrafttreten des „Privatkonkurses“, gibt es staatlich anerkannte Schuldenberatungen, die auch namentlich als „Schuldnerberatung“ in der Insolvenzordnung erwähnt sind. 1992 wurde die Dachorganisation asb (Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatungen) mit Sitz in Linz gegründet. Wir bieten auch kostenlose „Budgetberatung“ für Menschen, die sich gerne einen Überblick über die eigene finanzielle Situation verschaffen oder den eigenen Umgang mit Geld verbessern möchten.
Und rechnet sich das?
Die Wirtschaftsuni Wien hat im Rahmen einer SROI-Studie („social return on investment“) den sozialen und wirtschaftlichen Mehrwert der Schuldnerberatung errechnet. Beeindruckendes Ergebnis: Jeder Euro, der in die staatlich anerkannte Schuldnerberatung investiert wird, schafft soziale und wirtschaftliche Wirkungen im Gegenwert von 5,3 Euro! Als Geschäftsführer bin ich dem Land OÖ als Geldgeber für dieses positive Ergebnis verantwortlich und freue mich darüber.
Muss sich das in jeder Hinsicht „rechnen“?
Gute Frage, oder? Was ist Ihre Antwort?
Tipp: „Da trat Petrus zu ihm und fragte …“ (Gleichnis vom Schalksknecht, Matthäus 18, 23-35).
Weitere Infos zu Geld, Schulden und Schuldnerberatung: ooe.schuldnerberatung.at und www. finanzielle-gesundheit.at
Thomas Berghuber, MJ 1980
Artikel aus der PetrA-Ausgabe November 2016